LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON „Pflege“ am 29.03.2012

Die meist gestellten Leserfragen beim Expertentelefon „Pflege“ am 29.03.2012

 

 

 

 

 

 

 

Meine 75-jährige Mutter ist noch längst kein Pflegefall, ich merke aber, dass sie allmählich abbaut. Ist es jetzt schon sinnvoll, mit ihr über Lösungen für den Fall der Fälle zu sprechen?

  • Manuela Engelbrecht, Altenpflegerin, Geronto-Fachkraft, Pflegedienstleitung im „Bavaria“-Senioren- und Pflegeheim, Sulzbach-Rosenberg / Oberpfalz, nebenberufliche Ausübung als Pflegesachverständige: Grundsätzlich macht es Sinn und ist es wünschenswert, mit der Mutter im Vorfeld darüber zu sprechen, was wäre, wenn sie ein Pflegefall würde. Die Mutter wäre zu diesem Zeitpunkt noch selbst in der Lage zu sagen, was sie gerne möchte oder welche stationäre Einrichtung sie auswählen würde. Sie könnte diese Einrichtung sogar besichtigen und sich eventuell vorweg anmelden.

Ich möchte für meine Eltern einen ambulanten Pflegedienst beauftragen. Wie gehe ich dabei vor und wie finde ich einen geeigneten Dienst?

  • Manuela Engelbrecht: Falls Ihre Krankenkasse vor Ort ist, kann diese Auskunft über die ambulanten Pflegedienste vor Ort geben. Daneben ist Ihr Hausarzt im Regelfall sehr kompetent und bekommt durch seine Hausbesuche mit, wer eine gute ambulante Versorgung leistet und anbietet. Ansonsten ist „Mundpropaganda“ die beste Werbung – man sollte Bekannte, Verwandte und Freunde gezielt befragen.

Meine Eltern erwarten, dass ich mich im Pflegefall um sie kümmern werde. Aus verschiedenen Gründen werde ich das aber nicht leisten können. Wann und wie spreche ich dieses sensible Thema am besten an?

  • Manuela Engelbrecht: Solche Fragen sollte man in einer entspannten Atmosphäre unbedingt rechtzeitig abklären und die Situation nicht auf sich zukommen lassen. Grundsätzlich kümmern Sie sich ja auch um Ihre Eltern, wenn Sie beispielsweise einen ambulanten Dienst organisieren und alle schriftlichen Angelegenheiten sowie im Rahmen der Möglichkeiten beispielsweise Einkäufe erledigen.

Ich habe gelesen, dass die Bundesregierung eine große Reform der Pflegeversicherung plant. Was kann man davon an Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erwarten?

  • Manuela Engelbrecht: Es geht um eine Verbesserung der Pflegeleistungen für pflegende Angehörige zu Hause sowie eine spezielle Unterstützung für Demenz- und Alzheimerkranke. Es soll eine flexible Arbeitszeit für pflegende Angehörige eingeführt werden, zum Beispiel die Möglichkeit einer Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden wöchentlich mit geldlichem Ausgleich.

Ich überlege, eine private Pflegezusatzversicherung abzuschließen. Welche Leistungen sollte sie genau abdecken?

  • Christian Gatt, Experte für Zusatzversicherungen bei den Ergo Direkt Versicherungen, Fürth: Pflegezusatzversicherungen können für Pflegebedürftigkeit ab Pflegestufe I, II oder erst ab Stufe III abgeschlossen werden. Entsprechend unterschiedlich sind die Leistungen und die Beiträge. Daneben sind Leistungen bei Demenz möglich. Für den individuellen Absicherungsbedarf sind auch Rahmenbedingungen wie etwa die Höhe des laufenden Einkommens, die Vermögens- und familiäre Situation sowie Verpflichtungen wie beispielsweise Mietzahlungen ausschlaggebend.

Ein Onkel von mir leidet unter Altersdemenz, für seine Angehörigen ist dies eine große psychische und auch finanzielle Belastung. Nun möchte ich mit meinen Eltern sprechen, dass sie für diesen Fall vorsorgen. Welche Möglichkeiten gibt es?

  • Christian Gatt: Bei der Wahl einer privaten Pflegezusatzversicherung sollte man darauf achten, dass Leistungen bei Demenz vereinbart sind. Teilweise beinhalten private Pflegezusatzversicherungen solche Leistungen. Daneben ist es wichtig, dass der private Versicherer eine telefonische Beratung im Pflegefall zur Verfügung stellt.

Ab 2013 soll es nach den Plänen der Bundesregierung wesentliche Verbesserungen der Leistungen aus der Pflegepflichtversicherung für Demenzkranke geben. Ich bekomme zudem 1.600 Euro monatliche Rente. Kann ich im Falle eines Falles damit insgesamt ein Pflegeheim mittlerer Güte bezahlen?

  • Christian Gatt: Das Beispiel ist sehr knapp gerechnet. Über die Unterkunft und Verpflegung hinausgehende Ausgaben für Zuzahlungen – etwa die Praxisgebühr – oder für Arzneimittel, Friseur, Getränke oder Ausflüge sind damit nicht gedeckt. Die Rechnung geht insbesondere dann nicht auf, falls weiterhin eine finanzielle Unterstützung für den Partner zu leisten ist.

Meine Eltern sind seit 40 Jahren verheiratet und regeln alles gemeinsam. Das soll auch so bleiben, falls einer der beiden schwer erkranken sollte. Benötigen sie eine gegenseitige Vorsorgevollmacht oder reicht es, dass sie verheiratet sind?

  • Dr. Andreas Albrecht, Notar, Regensburg, beteiligt am Aufbau der bayerischen Hospiz- und Palliativbewegung, Buchautor zu Fragen der Vollmacht und Patientenverfügung: Nein, die Ehe allein berechtigt nicht, für den anderen alles zu regeln. Eine gegenseitige Vollmacht in Vermögens-, Aufenthaltsbestimmungs- und Gesundheitsangelegenheiten ist deshalb ratsam.

Ich betreue meine Mutter in meinem Haushalt, habe aber noch zwei Brüder. Sollte meine Mutter eine Vorsorgevollmacht auf mich beschränken oder meine beiden Brüder einbeziehen?

  • Dr. Albrecht: Entscheidend ist, ob Ihre Mutter ein ausreichendes Vertrauen in die beiden Brüder hat. Wenn ja, kann es praktisch sein, auch ihnen die Vollmacht zu erteilen, weil sich dann jemand um die Mutter kümmern kann, wenn Sie beispielsweise einmal in Urlaub fahren. Auf jeden Fall sollte sichergestellt sein, dass sich mehrere Bevollmächtigte nicht widersprechen.

Meine Tochter kümmert sich sehr intensiv um mich und pflegt mich – meinen Sohn sehe ich dagegen nur selten. Kann ich meine Tochter finanziell für Ihr Handeln entschädigen oder muss ich beide Kinder im Hinblick auf das Erbe gleich behandeln?

  • Dr. Albrecht: Sie können Ihre Tochter für die Pflegeleistung sofort und direkt bezahlen, was ich persönlich für das Beste halte. Sie können aber auch im Testament anordnen, dass die Tochter einen größeren Anteil des Nachlasses erhält – und zwar bis zur Grenze des Pflichtteilsrechts des Bruders und somit bis zu drei Viertel des Nachlasses, wenn keine weiteren Kinder vorhanden sind.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen